[MEDIENMITTEILUNG] „Wohin sollen wir gerettete Menschen bringen?“ SOS MEDITERRANEE ist enttäuscht über fehlende Klarheit bezüglich Ausschiffungssystem im Mittelmeer

Auf ihrem Treffen in Luxemburg haben die europäischen Innenminister heute ein „Pilotprojekt“ zur Ausschiffung und Verteilung von aus Seenot geretteten Personen diskutiert. Konkrete Vereinbarungen wurden aber nicht getroffen. SOS MEDITERRANEE begrüsst zwar die Bereitschaft mehrerer europäischer Staaten, eine verlässliche Regelung zu finden, damit gerettete Menschen zeitnah an einem sicheren Ort an Land gehen können, ist aber enttäuscht darüber, dass keine konkreten und praktischen Elemente, die für die sofortige Umsetzung eines solchen Mechanismus notwendig sind, zum Ausdruck gebracht wurden.

«Wo sollen wir die geretteten Menschen beim nächsten Einsatz sicher an Land bringen? Sechzehn Monate nach der ersten Blockade eines zivilen Rettungsschiffs haben sich die europäischen Staaten immer noch nicht auf eine Lösung geeinigt, damit aus Seenot gerettete Personen zeitnah an einem sicheren Ort an Land gehen können, so wie es das internationale Seerecht vorschreibt«, sagt Frédéric Penard, Einsatzleiter von SOS MEDITERRANEE. «Eine solche Regelung ist längst überfällig, um die menschenunwürdigen Hängepartien für Gerettete und die Blockade ziviler Seenotrettung endlich zu beenden«, ergänzt Penard.

SOS MEDITERRANEE betont, dass auch eine verlässliche Regelung für gerettete Menschen nur ein erster Schritt sein kann, um die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer zu beenden. Nach wie vor mangelt es im zentralen Mittelmeer vor der libyschen Küste an Rettungsschiffen und einer verlässlichen Koordination von Seenotfällen. Dies führt immer wieder zu Toten.

«Wann immer wir während der ersten beiden Missionen der Ocean Viking versuchten, die libyschen und europäischen Seefahrtsbehörden über Schiffe in Seenot zu informieren, bekamen wir keine oder eine sehr verspätete Antwort. Die libyschen Seefahrtsbehörden haben der Ocean Viking wiederholt einen libyschen Hafen zugewiesen, um die Geretteten an Land zu bringen. Da diese Häfen jedoch nicht als sichere Orte angesehen werden können, verstösst dies gegen geltendes Seerecht,» erklärt Penard. “Werden wir weiterhin mit langen Blockaden auf See konfrontiert sein, die den geretteten Menschen noch mehr Leid zufügen, während wir darauf warten, dass unserem Rettungsschiff ein sicherer Hafen zugewiesen wird?”

«Wir fordern die europäischen Staaten auf, die langwierigen Diskussionen endlich zu beenden und stattdessen konkrete Massnahmen zu ergreifen,“ sagt Caroline Abu Sa’Da, Geschäftsführerin von SOS MEDITERRANEE Schweiz. «Anstatt selbst ein Seenotrettungsprogramm auf den Weg zu bringen oder die EU-Operation Sophia wieder mit Schiffen auszustatten, setzt die Europäische Union weiterhin auf die libysche Küstenwache, die ungehindert weiter schutzsuchende Menschen auf See abfängt und nach Libyen zurückzwingt. In jenes Land, aus dem die Menschen zu fliehen versuchten», fügt Abu Sa’Da hinzu.

 

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SOS MEDITERRANEE, Organisation zur Rettung Schiffbrüchiger im Mittelmeer:
In den letzten vier Jahren haben über 20.000 Männer, Frauen und Kinder im Mittelmeer ihr Leben verloren, als sie versuchten, dieses in meeresuntauglichen Booten zu überqueren. SOS MEDITERRANEE wurde 2015 von europäischen Bürgerinnen und Bürgern gegründet, um Menschen, die aus Libyen fliehen und dabei in Seenot geraten, das Leben zu retten. Zwischen 2016 und 2018 rettete SOS MEDITERRANEE mit dem Schiff «Aquarius» 29.523 Menschen. Seit August 2019 ist SOS MEDITERRANEE mit seinem neuen Rettungsschiff, der «Ocean Viking», wieder auf See. Das europäische Netzwerk SOS MEDITERRANEE besteht aus den vier Vereinen in der Schweiz, Deutschland, Frankreich und Italien und wurde durch mehrere Auszeichnungen, darunter dem Unesco Houphouët-Boigny Friedenspreis 2017, ausgezeichnet. http://x21ofalppp.preview.infomaniak.website/de/