[PRESSEMITTEILUNG] Die Aquarius kehrt zurück in die Rettungszone

Zurück auf See: Die Aquarius hat sich dem radikalen Wandel und den ungewissen Bedingungen in der Rettungszone strategisch und technisch angepasst. Mit starker Unterstützung durch die europäische Öffentlichkeit steuert sie als eines der letzten verbliebenen humanitären Rettungsschiffe zurück in das Rettungsgebiet vor der libyschen Küste. 

Das von SOS MEDITERRANEE gecharterte und gemeinsam mit Ärzte ohne Grenzen betriebene Rettungsschiff Aquarius kehrt am 1. August 2018 zurück ins Meer. Obwohl sich die Bedingungen für die Seenotrettung im Mittelmeer in den letzten zwei Monaten radikal verändert haben, gibt es keine Alternative zur Rettung von Menschen in Seenot.

Seit sie das erste Mal im Februar 2016 den Hafen verließ, rettete die Aquarius 29.318 Männer, Frauen und Kinder vor dem Ertrinken, davon 2.979 im Jahr 2018. Getrieben von dem in der Seefahrertradition verwurzelten Prinzip, dass kein Mensch auf See ertrinken darf.

Die humanitäre Tragödie auf See, das Versagen der EU, spielt sich vor unseren Augen ab: Über 1.100 Menschen starben im zentralen Mittelmeer seit Anfang 2018. Über 700 davon starben allein seit Juni, dem Monat, in dem zivile Rettungsschiffe davon abgehalten wurden, Menschen in internationalen Gewässern vor der libyschen Küste zu retten“, sagt Caroline Abu Sa’Da, Geschäftsführerin von SOS MEDITERRANEE Schweiz.

Jüngste Entwicklungen geben Anlass zur Sorge. Etwa die Anerkennung der libyschen Seenotleitstelle (Joint Rescue Coordination Center – JRCC) durch die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) Ende Juni sowie die Schließung der nächstgelegenen, europäischen Häfen für Rettungsorganisationen. Ebenso die widersprüchlichen Beschlüsse auf dem letzten Gipfel des Europäischen Rates und die Abwesenheit eines konkreten Plans auf europäischer Ebene, die die NGO-Schiffe mit Ungewissheit zurücklassen. Erstmalig in über zwei Jahren ununterbrochenen Such- und Rettungseinsätzen auf See vor der libyschen Küste, musste die Aquarius für eine längere Zeitspanne an einem Hafen anlegen, um sich strategisch und technisch dem radikalen Wandel der Bedingungen anzupassen.

Absolute Transparenz sowie rechtliche und technische Anpassungen, um den neuen Bedingungen auf See entgegenzutreten  

Wenn die Aquarius heute ins Mittelmeer zurückkehrt, bleibt der Einsatzrahmen in den folgenden grundlegenden Prinzipien der Seeschifffahrt fest verankert: Seenotrettung ist eine rechtliche Pflicht. Rettungseinsätze werden durch eine zuständige Seenotleitstelle koordiniert, sie müssen so schnell und effizient wie möglich von allen verfügbaren Schiffen durchgeführt und die Überlebenden an einen nächstgelegenen, sicheren Hafen angelandet werden. Solange Libyen nicht als sicherer Ort bezeichnet werden kann, wird die Aquarius niemals eine gerettete Person in einem libyschen Hafen anlanden. All diese Prinzipien wurden vor der Abfahrt durch eine Beratung mit Rechtsexpert*innen bekräftigt.

Die Mission der Aquarius hat stets hohen Wert auf Transparenz gelegt. Nun kehrt das Rettungsschiff als „ziviler Wächter im Mittelmeer“ zurück. Pünktlich zur Abfahrt lanciert SOS MEDITERRANEE ein Online-Logbuch, das für die Öffentlichkeit auf www.onboard-aquarius.org voll zugänglich ist und laufend aktualisiert wird. Es hat den Zweck, alle Aktivitäten der Aquarius im zentralen Mittelmeer sichtbar zu dokumentieren.

Um die zunehmend schwierigen Herausforderungen bei Rettungseinsätzen zu meistern, hat die Aquarius auch technische Anpassungen vorgenommen. Sie wurde mit einem neuen Schnellboot ausgestattet, das mehr Effizienz und Kapazität während den Einsätzen gewährleistet. Angesichts der Möglichkeit, dass es bei der Zuweisung eines Anlaufhafens erneut zu einem tagelangen Stillstand auf See kommen kann, wurde der Nahrungsmittelbestand aufgestockt. Auch wurde für den Fall, dass Tote geborgen werden, eine Kühlkammer eingerichtet, um die Würde der Verstorbenen zu respektieren.