[MEDIENMITTEILUNG] SOS MEDITERRANEE bringt 373 Gerettete nach Sizilien

Das Rettungsschiff Ocean Viking hat von italienischen Behörden einen Hafen zugewiesen bekommen und darf die 373 aus dem zentralen Mittelmeer geretteten Menschen im sizilianischen Augusta an Land gehen lassen. Die Ausschiffung ist für Montagvormittag geplant, teilte die das Schiff betreibende europäische Seenotrettungsorganisation SOS MEDITERRANEE mit. Deren Rettungsteam hatte in drei Einsätzen am Donnerstag und Freitag vergangener Woche mehrere Hundert Kinder, Frauen und Männer aus vier in der libyschen Such- und Rettungszone in Seenot geratenen Schlauchbooten gerettet.

SOS MEDITERRANEE nahm die Zuweisung eines sicheren Hafens mit Erleichterung auf. Die Wetterbedingungen hatten sich seit Freitag zunehmend verschlechtert und Regen, Wind und hoher Seegang setzten den geretteten Menschen auf der Ocean Viking zu. Luisa Albera, Such- und Rettungskoordinatorin an Bord der Ocean Viking: „Wir haben eine weitere langwierige Wartezeit auf See befürchtet ohne Zuweisung eines sicheren Ortes, so wie wir es in der Vergangenheit leider oft erleben mussten. Das Wetter hatte sich in den letzten 48 Stunden rapide verschlechtert, die zahlreichen Babys und kleinen Kinder an Bord leiden besonders unter Seekrankheit. Auch deshalb hatten wir Sorge vor einer langen Wartezeit auf See.“ Erst am Samstag war eine hochschwangere Frau von der Ocean Viking nach Lampedusa notevakuiert worden.

„Von den Überlebenden an Bord haben wir entsetzliche Berichte über die unmenschlichen Zustände in Libyen gehört”, berichtet Albera weiter. „Wir haben von Schiffbrüchen und durch die libysche Küstenwache abgefangenen Booten erfahren”. Diese bringt die fliehenden Menschen zurück nach Libyen, was Seevölkerrecht widerspricht. Die Ocean Viking ist zurzeit das einzige zivile Rettungsschiff, das im zentralen Mittelmeer im Einsatz ist, fast alle anderen sind durch Behörden festgesetzt.

„Wir sind für die 373 Menschen an Bord unseres Schiffes sehr erleichtert. Allerdings betonen wir, dass es dringend eine effektive Koordination der staatlich geführten Such- und Rettungsmassnahmen im zentralen Mittelmeer braucht. Menschenleben hängen hiervon ab. Während aktuell die Zivilgesellschaft versucht diese Lücke zu füllen, müssen die europäischen Staaten eine Lösung für einen schnellen und planbaren Mechanismus zur Aufnahme der Geretteten finden. Die EU muss die europäischen Küstenstaaten unterstützen und sich für die Einhaltung des Seerechts an unseren gemeinsamen Grenzen am Mittelmeer einsetzen“, fordert Albera.

Unter den Geretteten auf der Ocean Viking sind 165 Minderjährige. Nahezu 80 Prozent von ihnen sind unbegleitet. Von den 32 jüngeren Kindern sind 21 Neugeborene und Kleinkinder bis zum Alter von vier Jahren. 48 Frauen sind unter den Geretteten, vier von ihnen sind schwanger und 32 allein reisend.

 

Hintergrund:

Die Ocean Viking rettete am Donnerstag, den 21. und Freitag, den 22. Januar 2021 in drei verschiedenen Rettungseinsätzen in der libyschen Such- und Rettungszone 374 Menschen aus vier in Seenot geratenen Schlauchbooten. Drei der Boote wurden den Seebehörden und der Ocean Viking über das zivile Netzwerk Alarm Phone gemeldet und mit Unterstützung von zivilen Flugzeugen, Moonbird (Sea-Watch) und Colibri II (Pilotes Volontaires), gesichtet. Eines wurde mit einem Fernglas von der Brücke der Ocean Viking aus entdeckt. Mehrere andere Boote, die in Seenot geraten waren, wurden von der libyschen Küstenwache abgefangen, wie die Einsatzkräfte der zivilen Luftaufklärung berichteten. Nachdem die Ocean Viking in den vergangenen vier Tagen zweimal bei den libyschen Seebehörden nach einem sicheren Ort für die Anlandung der Geretteten angefragt hatte, bat sie die italienischen und maltesischen Rettungskoordinationszentren (RCCs) um Unterstützung. Schliesslich wurde ihr am späten Sonntagnachmittag von den italienischen Behörden als Ausschiffungsort Augusta auf Sizilien zugewiesen.

Fotonachweis: Fabian Mondl / SOS MEDITERRANEE – nur für redaktionelle Zwecke