[MEDIENMITTEILUNG] Während Treffen in Valetta beginnt, können 182 Gerettete von der Ocean Viking in Italien an Land gehen

SOS MEDITERRANEE fordert von den europäischen Staaten, endlich eine Lösung zu finden, damit Menschen sicher an Land gehen können 

Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche haben die italienischen Behörden ihre Häfen für im Mittelmeer von einem humanitären Schiff gerettete Menschen geöffnet. Sonntagabend erhielten SOS MEDITERRANEE und Ärzte ohne Grenzen, die gemeinsam das humanitäre Rettungsschiff Ocean Viking betreiben, die Anweisung der italienischen Seenotrettungsleitstelle, die 182 Geretteten an Bord der Ocean Viking in Messina, Italien, an Land zu bringen. SOS MEDITERRANEE zeigt sich erleichtert und begrüsst die Entscheidung Italiens. Damit werden fünf weitere Tage unnötigen Leidens beendet.

Die derzeitige Praxis, bei der einzelne europäische Staaten von Fall zu Fall über die Aufnahme von im Mittelmeer Geretteten verhandeln bevor diese an Land gehen können, ist unhaltbar und steht in klarem Widerspruch zum Völker- und Seerecht. Diese besagen, dass eine Rettung erst dann abgeschlossen ist, wenn die Geretteten an einem sicheren Ort an Land gegangen sind. „Das ist wie, wenn ein Krankenwagen nach einem Einsatz tagelang darauf warten muss, dass ihm ein Krankenhaus genannt wird, das er anfahren darf. Das ist absurd und zutiefst unmenschlich“, erklärt Caroline Abu Sa’Da, Geschäftsführerin von SOS MEDITERRANEE Schweiz.

SOS MEDITERRANEE ist sich der Bereitschaft einer Allianz von europäischen Staaten bewusst, eine von der Europäischen Union koordinierte Vereinbarung für die Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Menschen zu unterstützen. Die heute in Valletta versammelten Innenministerinnen und Innenminister haben nun die Gelegenheit, ihre Worte in Tat umzusetzen und zu beschliessen, dass aus Seenot gerettete Menschen zügig und sicher an Land gehen können. Die Vereinbarung wäre ein erster Schritt zur Verbesserung der Situation im zentralen Mittelmeerraum, wo nach wie vor Menschen sterben, weil es zu wenig Rettungsschiffe gibt. Ausserdem mangelt es der Koordinierung der Such- und Rettungseinsätze. „Die Hängepartie für zivile Seenotretterinnen und Seenotretter vor Europas Häfen muss ein Ende haben. Hier wird Politik auf dem Rücken von schutzbedürftigen Kindern, Frauen und Männern gemacht und zulasten von humanitären Nothelferinnen und Nothelfern wie uns,“ so Caroline Abu Sa‘Da.

Am 20. September konnten 35 Gerettete von Bord der Ocean Viking auf ein maltesisches Militärschiff umsteigen und in Malta an Land gehen. Damit folgten die Teams einer Anweisung der maltesischen Seenotrettungsleitstelle. Die 35 Menschen wurden am Tag davor in der maltesischen Such- und Rettungszone von einem kleinen Holzboot gerettet. Zugleich mussten 182 Gerettete weiterhin auf der Ocean Viking ausharren.

Diese Menschen, darunter eine schwangere Frau und sechs Kleinkinder, wurden in drei verschiedenen Einsätzen zwischen dem 17. und 18. September von SOS MEDITERRANEE und Ärzte ohne Grenzen gerettet. Obwohl die libysche Koordinierungszentrale über alle Seenotfälle, die sich in der libyschen Such- und Rettungszone ereigneten, informiert wurde, blieb jegliche Koordination von Seiten der Behörde aus.
Auf die Anfrage zur Zuweisung eines sicheren Ortes wurde der Hafen von Al-Khums von der libyschen Koordinierungszentrale angegeben: „Angesichts klarer Leitlinien und völkerrechtlicher Bestimmungen, sind wir nicht in der Position Kurs auf einen libyschen Hafen zu nehmen. Dieser kann nicht als sicherer Ort angesehen werden. Die Geretteten an Bord unseres Schiffes sind aus eben jenem Land geflohen. Sie riskieren Misshandlungen, Folter, Ausbeutung und sexuelle Gewalt, wenn sie nach Libyen zurückgebracht werden würden“, erklärte Nicola Stalla, Einsatzleiter an Bord der Ocean Viking. Demnach hatte SOS MEDITERRANEE Al-Khums als sicheren Ort abgelehnt und die Anfrage nach Zuweisung eines selbigen, der den Anforderungen geltenden Völker- und Seerechts entspricht, erneuert.

Während zurzeit kein weiteres humanitäres Rettungsschiff vor Ort ist und Menschen weiterhin aus Libyen fliehen, ist wichtig, dass SOS MEDITERRANEE und Ärzte ohne Grenzen ihre lebensrettende Arbeit schnellstmöglich wieder aufnehmen können. „Es sind einfach nicht genug Rettungsschiffe draussen, die Menschen vor dem Ertrinken retten können”, mahnt Abu Sa‘Da. „Es ist völlig inakzeptabel, dass die Geretteten Tage, manchmal sogar Wochen, auf See ausharren müssen, bevor sie an einem sicheren Ort an Land gehen können. Wir fordern von den Innenministerinnen und Innenministern eine europäische Lösung, die diese wiederholten Blockaden beendet – und zwar jetzt“, ergänzt sie.

Weitere Informationen zu unseren Rettungen finden Sie unter: https://twitter.com/SOSMedSuisse und https://onboard.sosmediterranee.org/

Für Rückfragen kontaktieren Sie bitte:
Eva OSTENDARP | +41 76 239 99 13 | e.ostendarp@sosmediterranee.org

Foto :  Hannah Wallace Bowman / MSF